Lese-Rechtschreibschwäche / Legasthenie
Pädagogische Definition:
" Ein legasthener Mensch, bei guter oder durchschnittlicher Intelligenz, nimmt seine Umwelt differenziert anders wahr, seine Aufmerksamkeit lässt, wenn er auf Symbole wie Buchstaben oder Zahlen trifft, nach, da er sie durch seine differenzierten Teilleistungen anders empfindet als nicht legasthene Menschen, dadurch ergeben sich Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens, Schreibens oder Rechnens."
– Dr. Astrid Kopp-Duller, 1995
Diese von Frau Kopp-Duller 1995 herausgegebene Definition des Begriffs Legasthenie bezieht sich auf durchschnittlich oder überdurchschnittlich begabte Menschen. Die differenten Sinneswahrnehmungen, die auch als Teilleistungen bezeichnet werden, wirken sich nur beim Lesen, Schreiben oder Rechnen negativ aus und sind genetisch bedingt.
Menschen mit differenten Sinneswahrnehmungen sind zeitweise unaufmerksam und machen dadurch Wahrnehmungsfehler. Die Konsequenz daraus ist, dass legasthene Menschen intuitiv eine Ablehnung gegenüber den Kulturtechniken (lesen, schreiben, rechnen) aufbauen. Gezielte Hilfe zeigt ihnen einen Ausweg aus dieser Situation.
Diese Frage lässt sich nicht ganz einfach beantworten, denn in der langen Geschichte der Erforschung der Legasthenie wurde wirklich fast keine Theorie ausgelassen. Manchmal wurde sie als Krankheit, Behinderung, Schwäche, Störung bezeichnet, was aber nur sehr bedingt richtig ist. Heute weiß man, dass die Legasthenie eine genetische Veranlagung im Menschen ist. Die Vererbung trägt also dazu bei, dass es legasthene Menschen gibt und immer gegeben hat.
Legasthene Menschen sind oft sehr intelligent, hoch begabt und können Leistungen erbringen, an die andere nie herankommen können.
Lediglich im Umgang mit Buchstaben oder Zahlen werden sie zeitweise unaufmerksam und beginnen deshalb beim Schreiben, Lesen und/oder Rechnen, Wahrnehmungsfehler zu machen. Diese werden durch differenziert ausgebildete Sinneswahrnehmungen verursacht, die auf die biogenetischen Voraussetzungen des Legasthenikers zurückzuführen sind.
Diese Veranlagung beschert legasthenen Menschen durch die auch heute noch schlecht aufgeklärte Gesellschaft zumeist schwere Probleme in der Schulzeit.
Erforscht wurde die Legasthenie erstmals im 19. Jahrhundert von Ärzten. Damals ging man davon aus, dass die Legasthenie eine Krankheit ist. Das hängt damit zusammen, dass Ärzte sich zuerst mit diesem Phänomen beschäftigten. Die negativen Auswirkungen dieser Kategorisierung zeigen sich noch heute. Man ging davon aus, dass das Gehirn des Legasthenikers anders entwickelt sei, und er daher nicht richtig denken kann.
Später haben sich Psychologen und Soziologen mit dem Thema befasst. Heute ist die Legasthenie noch immer im ICD-10 der WHO (World Health Organization) als Krankheit definiert. Da haben Ärzte und Psychologen wenig positive Arbeit geleistet.
Die Legasthenie verlangt nämlich im Anfangsstadium ein frühzeitiges Intervenieren des Pädagogen auf pädagogisch-didaktischer Ebene und nicht das Eingreifen eines Psychologen oder Arztes. Erst wenn die Förderung in diesem Bereich nicht ausreicht, kommt es zu so genannten Sekundärerscheinungen. Diese erfordern dann das Einschreiten von Psychologen und Ärzten, außer es sind zu Beginn beim Kind andere körperliche oder psychische Probleme vorhanden. Hier ist auch ein Arzt oder Psychologe gefragt.
Soziologen gingen viele Jahre davon aus, dass die Legasthenie ein Problem der unteren Bevölkerungsschichten sei und mit Verwahrlosung etc. zu tun habe. Doch die Praxis zeigte, dass auch Kinder aus höheren gesellschaftlichen Schichten davon betroffen sein können.
Heute weiß man, dass Legasthenie nichts Außergewöhnliches ist, denn nach internationalen Schätzungen sind 15 % der Bevölkerung davon betroffen.
Wenn man Folgendes beobachten kann, spricht man von einer Legasthenie:
- eine zeitweise Unaufmerksamkeit des Kindes in Zusammenhang mit dem Schreiben, Lesen oder Rechnen
- Sinneswahrnehmungen, die nicht ausreichend für das Erlernen des Schreibens, Lesens und Rechnens geschärft sind
- durch die unscharfen Sinneswahrnehmungen und die daraus folgende Unaufmerksamkeit entstehenden Wahrnehmungsfehler
Interventionen müssen also in drei Bereichen, welche die Legasthenie bei einem Kind verursachen, erfolgen!
- Training der Aufmerksamkeit
- Schärfung der Sinneswahrnehmungen
- Symptomtraining
Bei einem lese-rechtschreibschwachen Kind, welches die Problematik erworben hat, reicht hingegen ein Training an den Symptomen (Schreiben, Lesen, Rechnen) aus.
Legasthenie ist genbedingt!
Neueste Forschungen haben bewiesen, dass die Ursache für eine Legasthenie in den meisten Fällen genbedingt ist. Das 15. und 6. Chromosom ist maßgeblich an der erblichen Weitergabe beteiligt.
Die Anlage ist im legasthenen Menschen vorhanden. Die Art und Weise, wie sich diese Anlage im Leben eines Menschen auswirkt ist von den positiven und negativen Einflüssen, die aus dem Umfeld des Kindes kommen, abhängig.
Positive Einflüsse:
Legasthene Menschen müssen mit allen Sinnen die Symbolik erlernen. Buchstaben und Zahlen sollten den Kindern sehr langsam und stark vertiefend beigebracht werden. Die Art des Unterrichts ist also entscheidend für das weitere schulische Leben eines legasthenen Kindes.
Sollte in der Schule kein adäquater Unterricht stattfinden, so ist eine außerschulische Hilfe durch Spezialisten notwendig.
Negative Einflüsse:
Erhält das Kind keinen adäquaten Unterricht, so werden sich über kurz oder lang die ständigen Überforderungen und Frustrationen negativ auf das Kind auswirken und zu psychopathologischen Krankheiten führen. Diese sind wesentlich schwieriger in den Griff zu bekommen als die eigentliche Legasthenie. (Sekundärlegasthenie)
Die Begriffe Legasthenie und Lese-Rechtschreibschwäche werden leider oft für dasselbe gehalten.
Es ist jedoch für die Förderung sehr wichtig eine Unterscheidung zu treffen.
Man unterscheidet die:
- Kognitive LRS: Sie ist durch Intelligenzmangel zu erklären.
- Intelligenzabhängige LRS: Hier unterscheidet man zwischen der LRS im Rahmen einer allgemeinen Lernstörung und der speziellen LRS, der Legasthenie.
LRS im Rahmen einer allgemeinen Lernstörung: Diese wird durch verschiedenen Begebenheiten (Scheidung, Tod, Krankheit, Lehrerwechsel etc.) im Leben des Kindes hervorgerufen werden.
Die Spezielle LRS, die Legasthenie, ist hauptsächlich auf genetische Anteile zurückzuführen.
Vorschulalter
- verspäteter Sprechbeginn
- Speicherstörung (Bezeichnungen für Objekte werden nicht behalten, z.B. Farben)
- Durcheinanderbringen von richtungsweisenden Wörtern, z.B. hinauf/hinunter, rechts/links
- Probleme beim Erlernen von Liedern, Reimen
- unerklärbare Stimmungsschwankungen
- Probleme beim Reimen von Wörtern, z.B. Haus, Maus, Laus
- Krabbelte nicht oder wenig
- besondere Begabung in bestimmten Bereichen
Schüler unter oder mit 9 Jahren
- große Schwierigkeiten beim Lernen des Lesens und Schreibens
- Vertauschen von Zahlen und Buchstaben (b/d, 51/15)
- Probleme beim Unterscheiden von rechts und links
- Schwierigkeiten im Behalten des Alphabets, im Erinnern von Reihenfolgen (Wochentage, Monate)
- Unaufmerksamkeit
- Schwierigkeiten beim Binden von Schuhbändern, Ballfangen, Seilspringen
- Frustration, die zu psychischen Auffälligkeiten führen kann
Schüler von 9 bis 12 Jahren
- fehlendes Leseverständnis
- Fehler beim Lesen
- Auslassung von Buchstaben oder falsche Reihenfolge
- Unorganisiert, auch im Alltag
- Abschreibfehler
- wachsende Frustration
Schüler mit 12 Jahren und älter
- ungenaues Lesen
- Probleme bei der Planung und beim Schreiben von Aufsätzen
- häufiges Durcheinanderbringen von Anweisungen und Telefonnummern
- Probleme mit Fremdsprachen
- geringes Selbstvertrauen
- ZEITWEISE UNAUFMERKSAM
(auch fälschlicherweise als "unkonzentriert" bezeichnet)
- ZEITWEISE UNRUHIG
(auch fälschlicherweise als "hyperaktiv" bezeichnet)
- SCHNELLERES DENKEN UND HANDELN BEIM LESEN UND SCHREIBEN
- DIFFERENTE LEISTUNGEN IN DEN SINNESWAHRNEHMUNGEN
- OPTIK - AKUSTIK - RAUMWAHRNEHMUNG
- VERLANGSAMTES ERLERNEN DES SCHREIBENS UND LESENS
- KEINE VERBESSERUNG DURCH ÜBEN
Von Legasthenie spricht man, wenn Kinder bei sonst recht guter Intelligenz beim Erlernen des Schreibens und/oder Lesens Probleme haben. Von Dyskalkulie spricht man, wenn Probleme beim Rechnen auftreten. Legasthene/dyskalkule Menschen sind weder lernschwach noch lerngestört, sondern sie haben eine andere Informationsverarbeitung und eine damit verbundene andere Lernfähigkeit.
Begründet werden diese Probleme durch differente Sinneswahrnehmungen: Die Bereiche der Optik, Akusitk und Raumwahrnehmung können betroffen sein. Dieser Unterschied in der Wahrnehmung schlägt sich vor allem in der Symbolwahrnehmung nieder.
Eine solche Schwäche in der Symbolwahrnehmung steht meistens im Zusammenhang mit Buchstaben- oder Zahlensymbolen, die man für die Tätigkeiten des Schreibens, Lesens und Rechnens braucht. Die Kinder machen durch die zeitweise fehlende Aufmerksamkeit Wahrnehmungsfehler. Sie nehmen also zum Zeitpunkt, wenn sie den Fehler machen, diesen nicht wahr.
Zusammenfassung:
Durch differente Sinneswahrnehmungen kommt es zur zeitweisen Unaufmerksamkeit und deshalb zu Wahrnehmungsfehlern. Kinder mit einer Legasthenie schweifen beim Lesen/Schreiben häufig mit den Gedanken ab und finden nur schwer zur Arbeit zurück. In diesem Zustand machen sie Fehler, die sie sonst nicht immer machen. Im Zustand der Aufmerksamkeit beim Schreiben und Lesen können legasthene Kinder oft erstaunliche, aber leider nie konstante Leistungen erbringen.
Der Grund für diese differenten Sinneswahrnehmungen liegt im Genbereich, die Legasthenie/Dyskalkulie wird also vererbt.
Mehr als 15 % der Weltbevölkerung haben diese besonderen Sinneswahrehmungen, die lediglich eine besondere Unterrichtsform beim Erlernen des Schreibens, Lesens und/oder Rechnens erfordern.
Anders ist es bei der Lese-Rechtschreibschwäche oder Rechenschwäche. Diese werden durch bestimmte Ereignisse (Todesfall, Scheidung, Krankheit u.v.m.) im Leben eines Kindes hervorgerufen. Die LRS ist also erworben und kann nur vorübergehend sein und durch Üben am Symptom (Schreiben und Lesen) zumeist behoben werden.
Hier liegt der große Unterschied in der Art der Förderung zur Legasthenie. Diese erfordert zusätzlich zum Symptomtraining ein Training der Aufmerksamkeit und der Sinneswahrnehmungen. Wird das beachtet, so erlernen auch legasthene Kinder das Lesen und Schreiben. Sie brauchen jedoch einen speziellen pädagogisch-didaktischen Ansatz und mehr Zeit als ihre Klassenkameraden.
Wichtig ist, dass man die Probleme rechtzeitig erkennt, solange sich das Kind noch in der Phase der Primärlegasthenie befindet, also noch keine psychischen Erkrankungen vorhanden sind, die durch Frustration und die negativen Erfahrungen in der Schule entstehen können. (Sekundärlegasthenie). Tests zur Früherkennung einer Legasthenie sind schon im Vorschulalter möglich.
Bei vielen legasthenen Kindern wird auch ADHS oder Konzentrationsschwäche diagnostiziert. Sie leiden aber häufig gar nicht an diesen Krankheitsbildern, sondern bringen nur durch Unruhe und Unaufmerksamkeit beim Schreiben und Lesen zum Ausdruck, dass sie mit der Didaktik überfordert sind und deshalb das von ihnen Verlangte nicht leisten können.
Wo gibt es Hilfe?
Es gibt in Österreich, Deutschland und schon auf der ganzen Welt Legasthenie- und Dyskalkuliespezialisten, die vom Ersten Österreichischen Dachverband Legasthenie ausgebildet worden sind. Wir testen Kinder (auch bei uns in der Praxis) und arbeiten auf pädagogisch-didaktischer Ebene.
Wir helfen sowohl Kindern im Schulbereich, als auch im außerschulischen Bereich, sowie Kindern im Kindergartenalter, deren Sinne geschärft werden müssen und Erwachsenen, die Schreib- und Leseprobleme haben.
Nach einer eingehenden Diagnostik durch den AFS-Test (Aufmerksamkeit-Funktionen-Symptom), können wir feststellen, ob es sich bei Ihrem Kind um eine Legasthenie oder um eine Lese-Rechtschreibschwäche handelt.
Wir erstellen Ihnen auf Wunsch ein pädagogisches Gutachten. Dieses kann für einen eventuellen Nachteilsausgleich bei der Schule eingereicht werden. Es liegt jedoch im Ermessen der Schule, ob dieser Nachteilsausgleich angewandt wird.
Der Test hilft uns jedoch vor allem die Therapie sinnvoll zu planen. Er zeigt uns, in welchen Sinneswahrnehmungsbereichen eine Förderung notwendig ist.
Die Therapie bei einer diagnostizierten Legasthenie baut sich dann folgendermaßen auf:
- Training der Aufmerksamkeit
- Training der Sinneswahrnehmungen
- Training der Symptome (Lesen und/oder Schreiben)
Die Therapie bei einer diagnotizierten Lese- Rechtschreibschwäche erfordert lediglich ein Training an den Symptomen (Lesen und/oder Schreiben).
Wenn Sie einen Termin für einen Test vereinbaren möchten oder Fragen haben, rufen Sie uns bitte an, oder kontaktieren Sie uns über Mail.
Da wir beim Jugendamt zugelassen sind, ist es möglich, die Legasthenietherapie vom Jugendamt bezahlen zu lassen.